Wir als Stiftung Verbundenheit haben beim Fotowettbewerb „Brückenbauer“, welcher von der Deutschen Gesellschaft und der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen bereits zum zweiten Male ausgerufen wurde, einen Sonderpreis für Einsendungen von Fotografen aus den Reihen der deutschen Minderheiten gestiftet.
Diesen Sonderpreis hat nach Entscheidung der Jury die Fotografin, Künstlerin und Studentin Oliwia Drozdowicz aus Schweidnitz gewonnen. Wir haben im Nachgang der Preisverleihung mit ihr gesprochen und präsentieren den zweiten Teil unserer Interview-Reihe #verbunden_mit.

Liebe Oliwia, Du bist die Gewinnerin des Sonderpreises „Deutsche Minderheit“ beim Fotowettbewerb „Brückenbauer“, der von der Deutschen Gesellschaft und der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen ausgerufen wurde. Stell Dich doch bitte einmal kurz vor.
Ja, sehr gerne. Ich freue mich sehr über den Preis. Mein Name ist Oliwia Drozdowicz und ich bin Fotografin, Künstlerin und Kulturmanagerin. Seit 2020 bin ich Mitglied der Stiftung TIFF Collective, wo ich verschiedene Projekte auf der Ebene der bildenden Künste und der Fotografie organisiere. Außerdem studiere ich jetzt am Willy-Brandt-Zentrum in Breslau. Meinen Bachelor habe ich an der Akademie der Künste in Breslau absolviert.
Wie hast Du vom Fotowettbewerb erfahren? Was hat Dich motiviert, bei ihm mitzumachen?
Ich habe einen Flyer während des Kulturfestivals der deutschen Minderheit in Breslau bekommen und dachte dabei, dass der Wettbewerb eigentlich perfekt für mich ist - ich bin doch Fotografin und auch deutsch-polnisch.
Du hast fünf Bilder eingereicht, die bei der Preisverleihung präsentiert wurden und auch bei uns in den sozialen Medien in der Adventszeit in Form einer Reihe gezeigt wurden. Sie zeigen Gegenstände aus Deinem Umfeld, nicht wahr? Erzähle uns ein wenig über Dein Werk.
Es gibt in Niederschlesien ein Haus, das ein Zeitzeuge ist. Ein Haus, das eine Brücke zwischen Gegenwart und Geschichte, Deutschland und Polen, Hass und Versöhnung ist. Man muss eigentlich nur die Schwelle überqueren und schon ist man in einer anderen Welt. Obwohl draußen die Welt ganz modern ist - dort hat man das Gefühl, die Zeit ist stehen geblieben. Deutsche Bücher stehen neben polnischen, ein polnischer Pass liegt neben alten Dokumenten aus der Vorkriegszeit. Die Gegenwart des Hauses ist ein Mix aus zwei Welten.
Es ist das Haus Deiner Oma in Schweidnitz, in Niederschlesien.
Ja, meine Familie wohnte vor dem Krieg in Schweidnitz, danach in Świdnica. Sie sind nicht umgezogen, sondern das Land - es hat sie verlassen. Und das war der Anfang der Geschichte der Versöhnung, im lokalen und individuellen Sinne. Seitdem ist vieles passiert. Meine Großmutter Dorle heiratete einen Polen aus dem Osten, Adrian und Teodor, also mein Vater und sein Bruder, besuchten eine polnische Schule, die ganze Familie hatte polnische Freunde und Bekannte.
Du hast Dich besonders in der letzten Zeit stärker mit Deinen Wurzeln, mit Deiner Identität auseinandergesetzt. Wenn Du auf die Geschichte Deiner Familie, Deine Umgebung schaust, was siehst Du?
Ja, ich habe mich mit meiner Familiengeschichte beschäftigt und sehe, dass über allem mir die schlesische Identität weitergegeben wurde. So ist es passiert, dass ich 77 Jahre nach dem Krieg die deutsche Sprache beherrsche, manchmal schlesische Worte benutze, die Namen der Ortschaften in beiden Sprachen kenne. In Niederschlesien kommt dies eigentlich überhaupt nicht mehr vor. Die Zeit ist leider skrupellos. Die Vorfahren sterben, das Wissen und die Erinnerungen vergehen und ich bleibe langsam mit allem alleine. Früher habe ich daran nicht gedacht, aber je älter ich werde, desto mehr sehe ich, wie wichtig die Vergangenheit ist.
Und somit sind Personen wie Du die geeigneten Brückenbauer – im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich habe mich während dieser Arbeit gefragt „Schaffe ich es, die Vergangenheit weiterzugeben? Kann ich ein Teil der Brücke werden? Wird das Haus meiner Oma weiter ein Zeuge des Prozesses sein oder nur ein Relikt aus der Geschichte?
Liebe Oliwia, wir haben gemerkt und wir merken auch jetzt, dass Dich diese Gedanken bewegen und freuen uns, mit Dir weiterhin in Kontakt zu sein und auch im kommenden Jahr in Bezug auf Deine Kunst etwas Gemeinsames auf die Beine zu stellen. Vielen Dank für das Gespräch und die Eindrücke.
Das Interview führte Dominik Duda.







