Die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, Sylvia Stierstorfer, MdL konnte vergangene Woche gut hundert Vertreter der Vertriebenenverbände, der Länder des mitteleuropäischen Raumes sowie Fachexperten und Wissenschaftler zum Mitteleuropa-Tag im Bayerischen Landtag begrüßen. Auf der Veranstaltung war die Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland durch Geschäftsführer Sebastian Machnitzke und Projektkoordinatorin Mónika Ambach vertreten.
Landesbeauftragte Stierstorfer, MdL hob in ihrer Begrüßung die wichtige Rolle der Aussiedler und Vertriebenen beim Wiederaufbau des Landes nach dem zweiten Weltkrieg und ihre brückenbauende Funktion hervor. Diese haben zur Versöhnung der Völker enorm viel beigetragen, denn Vertriebenenpolitik ist auch Nachbarschafts-, Jugend-, Wirtschafts- und Europapolitik.
Das bestätigten auch die in München akkreditierten Vertreter Tschechiens, Dr. Ivana Cervenková, der Slowakei, Jozef Korcek, und Ungarns, Gábor Tordai-Lejkó bei der von ARD-Journalistin Dr. Susanne Glass moderierten Podiumsdiskussion.
Generalkonsulin Cervenková äußerte, dass in der Nachkriegszeit Schritt für Schritt eine gute Beziehung wieder aufgebaut werden musste, nachdem die vertriebenen Sudetendeutschen in Deutschland eine zweite Heimat gefunden hatten. Der ungarische Generalkonsul stellte fest, dass Deutschland Ungarns wichtigster Partner in Europa sei, wenn man die wirtschaftlichen und bildungspolitischen Aspekte betrachte. Ungarn unterstützt seine nationalen Minderheiten, unter denen die Ungarndeutschen eine bedeutende Gemeinschaft darstellen. Ungarn sei das einzige Land im europäischen Raum, in dem man außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik vom Kindergarten bis zur Universität durchgehend seinen schulischen Bildungsweg in deutscher Sprache gehen kann. Der slowakische Generalkonsul Kocek erörterte, dass von den 70.000 in Deutschland lebenden Slowaken mehr als 45% in Bayern lebten bzw. die größte Stadtdiaspora in München sei. Eben deshalb seien nicht nur die politischen, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen sehr wichtig, da im Endeffekt immer der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte.
Anschließend bekräftigten auch die jungen Vertreter und Vertreterinnen der Vertriebenenverbände die Wichtigkeit der zwischenmenschlichen Beziehungen. Sie setzen sich gegenwärtig für die ukrainischen Flüchtlinge ein. Diese Empathie wurzelt in der Geschichte ihrer Volksgruppen, deren Mitglieder nach dem Krieg in Deutschland ihr Leben ebenfalls haben neu anfangen müssen.
Melanie Huml, Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales im Bayerischen Landtag, sprach über die Wichtigkeit des gemeinsamen Kulturverständnisses. Die Belange der Heimatvertriebenen, die in Bayern eine neue Heimat fanden, solle beachtet werden. Die Vergangenheit dürfe man nicht vergessen, aber man sollte in die Zukunft schauen, einen Austausch über die Grenzen hinaus fördern, denn der Frieden, die Freiheit und die Demokratie seien Grundpfeiler eines gemeinsamen Europas. Dem schloss sich auch Landtagsvizepräsident Karl Freller mit der Ansicht an, dass nur ein gemeinsames Europa ein Garant dafür sein könne, dass man geschützt ist.
Prof. Dr. Andreas Otto Weber, Direktor des HDO, und Dr. Florian Kühler-Wielach, Direktor des IKGS, hielten Fachvorträge zum Thema. Prof. Dr. Ulf Brunnbauer, Wissenschaftlicher Direktor des IOS Regensburg, präsentierte erste Ergebnisse des im vergangenen Jahr eingerichteten Forschungsprojekts „Die Vertriebenen als integraler Bestandteil Bayerns“, in dessen Rahmen unter anderem der Lebensweg von Aussiedlern und Vertriebenen untersucht wird.
Um im Themenbereich der (Spät-)Aussiedler und Vertriebenen zukunfts- und erfolgsorientiert handeln zu können, habe auch die Politik die Aufgabe, Instrumente und Mittel bereitzustellen, um das historische Verständnis zu fördern. Nach Ansicht von Sylvia Stierstorfer soll auch im Geschichtsunterricht dieses Thema eingehender behandelt werden. Auf diese Weise können die Zusammenhänge der europäischen Geschichte erörtert werden und die Aufmerksamkeit auf die Vielfalt Europas gelenkt werden.
Text: Mónika Ambach