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Datum
31.7.2023
Autor
Stiftung Verbundenheit

Online-Diskussion "Die Deutsche Minderheit in Rumänien: Gegenwart und Zukunftsperspektiven"

                         

Online Diskussion

                         

                           Mit dem Blick auf die Deutsche Minderheit in Rumänien führt die Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten in der FUEN (AGDM) die Online-Reihe „Deutsche Minderheiten stellen sich vor“ weiter.


Trotz der infolge von Auswanderung ihrer Angehörigen in den frühen 1990er-Jahren vergleichsweise geringen Größe von knapp 40.000 Mitgliedern, verfügt die Deutsche Minderheit im ganzen Land über bedeutende kulturelle, gesellschaftliche und politische Strukturen und soziale Einrichtungen. Durch das „Demokratische Forum der Deutschen In Rumänien“ (DFDR), welches sich aktiv für das Wohl aller Bürgerinnen und Bürger einsetzt, wird die Deutsche Minderheit sowohl gesellschaftlich als auch politisch vertreten. Das DFDR stellt in mehreren Ortschaften Bürgermeister sowie Gemeinderatsmitglieder und ist seit 1990 im rumänischen Parlament vertreten. Ein Bildungssystem in deutscher Muttersprache sichert einerseits die Identitätsbewahrung der deutschen Minderheit, erfreut sich andererseits auch bei anderen Minderheiten und der Mehrheitsgesellschaft Rumäniens großer Beliebtheit. Die 2019 erfolgte Wiederwahl des ehemaligen Bürgermeisters von Hermannstadt / Sibiu, Klaus Johannis, zum rumänischen Präsidenten stellt den hohen Grad sozialer, kultureller und politischer Integration sowie das hohe Ansehen der Deutschen Minderheit in der Mehrheitsgesellschaft unter Beweis.


Über die aktuelle Lage der Deutschen Minderheit in Rumänien sprach Moderator Dominik Duda, Teamleiter für Ost- und Mitteleuropa der Stiftung Verbundenheit und Projektkoordinator für Polen, in einer interessant besetzten Reihe mit Dr. Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender des DFDR, Benjamin Józsa, Geschäftsführer des DFDR, Doris Köber, DFDR-Kulturreferentin und Johanna Kezdi, Jugendreferentin der „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendorganisationen in Rumänien“ (ADJ). Die Botschafterin Rumäniens in Deutschland, i. E. Adriana Stanescu, Stiftungsratsvorsitzender Hartmut Koschyk sowie die Koordinatorin der AGDM, Renata Trischler, leiteten die Veranstaltung mit ihren Grußworten ein.


Die Rumänische Botschafterin Adriana Stanescu begrüßte ausdrücklich die Initiative der Stiftung Verbundenheit, die deutschen Minderheiten vorzustellen und so einem größeren Kreis in Deutschland bekannt zu machen. Für Rumänien sei die deutsche Minderheit „ein Schatz, der eine wichtige Brückenfunktion zwischen unseren Ländern einnimmt, so wie auch die rumänische Gemeinschaft in Deutschland eine sehr wichtige Komponente für die Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern darstellt“, sagte die Botschafterin. „Die Deutsche Minderheit und das Jahrhunderte alte Miteinander mit den anderen Minderheiten und der rumänischen Mehrheitsgesellschaft stellen einen Reichtum dar, den es zu Pflegen und zu bewahren gilt.“ Frau Stanescu verwies auf den 1992 unterzeichneten „Deutsch-Rumänischen Vertrag über Freundschaft und Partnerschaft in Europa, dem die Schaffung der „Deutsch-Rumänischen Regierungskommission für die Angelegenheiten der Deutschen Minderheit in Rumänien“ zu verdanken sei. Überhaupt sei Rumänien mit 20 anerkannten nationalen Minderheiten auf europäischer Ebene ein „Modell des Minderheitenschutzes“. Jede Minderheit habe Anspruch auf die Ernennung eines Parlamentsmitgliedes, könne in Gebieten, in denen sie stark vertreten ist, die eigene Sprache benutzen und habe über das „Departement für interethnische Beziehungen“ direkten Zugang zu Regierung und Verwaltung.


Hartmut Koschyk wies in seinem Grußwort darauf hin, dass mit Frau Botschafterin Stanescu erstmals eine Botschafterin des in der Online-Veranstaltungsreihe behandelten Landes teilnehme. Frau Botschafterin Stanescu stehe „persönlich durch ihr ganzes diplomatisches Wirken über Jahrzehnte für das großartige Engagement der rumänischen Politik für die Deutsche Minderheit als wichtiges Brückenelement in unseren bilateralen Beziehungen“. Man spüre den Rückenwind für die Deutsche Minderheit aus den bilateralen Beziehungen, die sich dann am besten entwickeln könne, wenn sie von Politik und Zivilgesellschaft beider Länder unterstützt werde. Die Online-Diskussionsreihe sei mittlerweile zu einer guten Tradition geworden. Es sei „die gewachsene Akzeptanz der Reihe als Forum, in dem sich deutsche Minderheiten vorstellen, ihre Arbeit präsentieren, aber auch auf Probleme eingehen können, vor allem aber ihren Bekanntheitsgrad in der deutschen Gesellschaft steigern können“, die sich während der aktuellen, der Deutschen Minderheit in Rumänien gewidmeten Folge zeige, so Koschyk weiter.


Renata Trischler von der AGDM griff die eingangs gefallene Bemerkung auf, die Deutsche Minderheit stelle „einen Schatz“ für Rumänien dar. Es sei keine Selbstverständlichkeit, die Deutsche Minderheit so zu bezeichnen, sondern eine verdiente Tatsachenbeschreibung, die sich aus der Geschichte ergeben habe und auf die Verdienste für die Gesamtgesellschaft zielt.

                         

                         

Siedlungsgebiete der Deutschen Minderheit in Rumänien (Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat: Deutsche Minderheiten stellen sich vor, 4., überarbeitete Auflage, 2023)

Siedlungsgebiete der Deutschen Minderheit in Rumänien (Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat: Deutsche Minderheiten stellen sich vor, 4., überarbeitete Auflage, 2023)

                         

                           Die inhaltliche Diskussion begann mit einem geschichtlichen Überblick durch Dr. Paul-Jürgen Porr, der auf eine wichtige Besonderheit der Deutschen Minderheit hinwies. Anders als die Mehrzahl der deutschen Minderheiten in Europa ist die deutsche Minderheit Rumäniens das Produkt mehrerer, voneinander unabhängiger Einwanderungsbewegungen, was sich auch heute noch in der großen Diversität und in regionalen Unterschieden niederschlage. Siebenbürger Sachsen, Banater Schwaben, Sathmarschwaben, Landler, Zipser, Buchenland- und Dobrudschadeutsche sowie Deutsche im sogenannten Altreich – die Deutsche Minderheit in Rumänien ist ein Verbund von aus verschiedenen Teilen Deutschlands stammenden Gruppen.

Benjamin Jósza stellte als eine weitere Besonderheit das deutschsprachige Schulsystem in Rumänien vor. Viele Angehörige der Deutschen Minderheit, aber auch viele Schüler der rumänischen Mehrheitsgesellschaft profitieren von der Möglichkeit, ein Schulsystem in deutscher Unterrichtssprache und nach deutschem Vorbild besuchen zu können.

Johanna Kezdi und Doris Köber stellten die Jugendarbeit bzw. die Kulturarbeit der deutschen Minderheit vor. Johanna Kezdi hob dabei hervor, wie groß die Motivation der Jugendlichen sei, sich für Minderheitsbelange zu engagieren, was in der der heutigen Zeit, in der es im Vergleich zu früheren Zeiten, wegen des breiten Freizeitangebots, welches der jungen Generation offensteht, nicht immer leicht, aber umso bemerkenswerter sei. Köber legte dar, dass er Fokus der Aktivitäten der Deutschen Minderheit auf der Kulturarbeit läge und beschrieb die derzeit und in den letzten Wochen stattgefundenen Großveranstaltungen wie z.B. der „Kulturtage der Banater Schwaben“ oder der Feierlichkeiten in Temeswar, der Europäischen Kulturhauptstadt des Jahres 2023.

Hinsichtlich der Zukunft der deutschen Minderheit und deren Herausforderungen befragt verwies Dr. Porr auf die Altersstruktur der rumänischen Gesellschaft hin, die auch die Deutsche Minderheit betreffe. Es zeige sich eine Veralterung, der - auch bei exzellenter Jugendarbeit durch die ADJ - nur schwer zu begegnen sei. Als zweites Problem nannte er einen starken Lehrermangel, der das muttersprachliche Schulsystem bedrohe. Dies läge vor allem an der Bezahlung und dem allgemein niedrigen Ansehen des Lehrerberufs in Rumänien. Benjamin Jósza sah als größte Herausforderung nicht nur für die Deutsche Minderheit, sondern für Europa als Ganzes, den Frieden an. Die derzeitige Situation, in der wir alle mit einem „Angriffskrieg von unvorstellbarer Brutalität“ leben müssen, mache die Minderheitsarbeit gemäß dem Motto „Minderheitsarbeit ist Friedensarbeit“ noch wichtiger. Nur so könnten Vorurteile und Xenophobie abgebaut werden. Die konkrete Arbeit des Forums leide unter der Schwierigkeit, ehrenamtliche Helfer zu finden. Derzeit verteile sich immer mehr Arbeit auf die Schultern immer weniger Mitarbeiter. Johanna Kezdi stellte fest, dass ein großer Anteil derer, die in der Jugend sehr stark für die Minderheit engagiert sein, dann im Erwachsenenalter dieses Engagement nicht aufrechterhielten. Sie wünsche sich für die Zukunft ein fortdauerndes Engagement der jüngeren Generation in der Minderheit. Doris Köber schloss sich ihren Vorrednern dahingehend an, dass es wichtig sei, junge ehrenamtliche Kräfte für die Arbeit im „Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien“ zu gewinnen. Zum Thema Zukunftsängste verwies sie darauf, dass man schon einmal, angesichts der Auswanderungswelle zur Wendezeit, die die deutsche Minderheit in Rumänien stark traf, mit dem Ende der deutschen Minderheit gerechnet habe, was sich jedoch nicht bewahrheitet habe und somit die Stärke und Tatkräftigkeit beweist.


Sehen Sie hier die Aufzeichnung der Online-Diskussion auf unserem Youtube-Kanal:


                         

                         

                           

                         

                         

                           

Text:     Florian Schmelzer

Grafik:  Philipp Kolodziej

                         

                                                 

                                           

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