Datum
10.4.2025
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Koalitionsvertrag kann Grundlage für positive Weiterentwicklung deutscher Minderheiten und deutschsprachiger Gemeinschaften in der Welt sein –Konkretes politisches Handeln wird entscheidend sein!

Foto: Tobias Koch via Facebook CDU (oben), Titelseite des Koalitionsvertrags (unten)

Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD kann eine Grundlage für die positive Weiterentwicklung der deutschen Minderheiten und der deutschsprachigen Gemeinschaft in der Welt sein.

Wie im letzten Koalitionsvertrag zwischen den drei Parteien aus dem Jahr 2018 gibt es ein Bekenntnis zu den Anliegen der Heimatvertriebenen, Aussiedler und auch der deutschen Minderheiten. Neu ist, dass der Förderung der Deutschen Minderheit in der Ukraine, für die die Stiftung Verbundenheit durch ihre Mittlertätigkeit sowie die humanitäre Hilfe in den letzten Jahren besonders im Einsatz war, im Koalitionsvertrag wegen des russischen Angriffskrieges und des möglichen EU-Beitritts der Ukraine eine besondere Bedeutung zukommt. Gemeinsam mit dem Rat der Deutschen in der Ukraine wird die Stiftung Verbundenheit konkrete Handlungsvorschläge hierzu erarbeiten.

Eine Antwort darauf, wie man sich die Weiterentwicklung der Situation deutscher Minderheiten in Mittel- und Osteuropa sowie den Staaten der GUS vorstellt, gibt es im Koalitionsvertrag nicht. In vielen Diskussionen haben die Vertreter der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa sowie den Staaten der GUS gemeinsam mit der Stiftung Verbundenheit und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) konkrete Vorschläge entwickelt.

CDU, CSU und SPD betonen, das Amt des/der Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten zu stärken und die Zuständigkeiten für Heimatvertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler sowie deutsche Minderheiten wieder im Bundesinnenministerium zusammenzuführen. Hierbei erhofft sich die Stiftung Verbundenheit, dass dies, wie bis 2014, ein/e Parlamentarische/r Staatssekretär/in im Bundesministerium des Innern und für Heimat sein wird und dass eine Persönlichkeit mit diesem Amt betraut wird, die über parlamentarische Führungserfahrung, inhaltliche Kompetenz und politische Durchsetzungsfähigkeit verfügt.

Einen besonderen Stellenwert im Koalitionsvertrag nehmen die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP), vorher Auswärtige Kultur- und Gesellschaftspolitik, aber auch Lateinamerika als Kontinent ein.

Der Koalitionsvertrag misst der strategischen Bedeutung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik als „Soft Power“-Instrument eine größere Bedeutung zu als zuvor, um im globalen Wettbewerb das Ansehen, den Einfluss, die Narrativen und Werte, die Deutschland teilt und fördert, nach außen zu tragen. Hier finden sich die Stiftung Verbundenheit mit ihrer Arbeit in Lateinamerika voll und ganz wieder. Mit ihrem Ansatz der „Bürgerdiplomatie“ hat die Stiftung Verbundenheit seit 2019 ein breitgefächertes Netzwerk an deutschsprachigen Verbänden und Vereinen in Lateinamerika aufgebaut, die als strategische Multiplikatoren der AKBP und zivilgesellschaftliche „Brückenbauer“ zwischen ihren Heimatländern und Deutschland fungieren.

Die Betonung des Ausbaus der strategischen Partnerschaften mit den Staaten Lateinamerikas und der Karibik, insbesondere den Ländern Brasilien, Mexiko, Argentinien und Kolumbien, bestätigt das große Entwicklungspotential, auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit den dortigen deutschsprachigen Gemeinschaften. Die Stiftung Verbundenheit hofft in diesem Zusammenhang auf die Bereitstellung von weiteren Fördermitteln, um neben ihren Kernländern, zu denen Argentinien und Kolumbien gehören, den Aktionsraum auch auf Brasilien auszuweiten.

Die Bedeutung zu den Vereinigten Staaten von Amerika wird im neuen Koalitionsvertrag betont. Allerdings finden bedauerlicherweise die mit rund 50 Millionen Menschen deutscher Abstammung in den Vereinigten Staaten keine Erwähnung. Auch hier hat die Stiftung Verbundenheit konzeptionelle Überlegungen und erste Kooperationsmaßnahmen vorgelegt, um diese als strategischen Partner zu gewinnen und zu fördern.

Die Beziehungen zu Israel sind ein weiterer Schwerpunkt im außenpolitischen Teil des Koalitionsvertrages. Jedoch wird die bisher von der deutschen Politik weitgehend unbeachtete Gruppe der Israelis deutschsprachiger Herkunft, die sogenannten „Jeckes“, nicht als Akteur gesehen. Auch hierzu hat die Stiftung Verbundenheit ein Konzept vorbereitet und steht in einem engen Austausch mit den Organisationen der deutschstämmigen Bürger Israels, um in der neuen Legislaturperiode konkrete Maßnahmen durchzuführen.

Im Vorfeld der Bundestagswahl hat die Stiftung Verbundenheit ein Memorandum veröffentlicht, in dem neben einer umfangreichen Bestandsaufnahme der Situation der deutschen Minderheiten und deutschsprachige Gemeinschaften, allen demokratischen Parteien ein Aktionsplan für die kommende Wahlperiode vorgeschlagen wurde. Über diese Vorschläge und das Memorandum hat die Stiftung Verbundenheit mit Vertretern der Minderheiten und Gemeinschaften sowie mit hochkarätigen Repräsentanten der demokratischen Parteien Deutschlands ein liveübertragenes Wahlforum abgehalten. Stellungnahmen zu diesem erhielt die Stiftung Verbundenheit von den zukünftigen Koalitionären CDU und CSU.

Der im Memorandum genannte Aktionsplan umfasst folgende Handlungsempfehlungen:

1) Das aktuelle Förderprogramm der Bundesrepublik Deutschland für die deutschen Minderheiten weiter auszubauen, vor allem im Hinblick auf die Förderung der Vermittlung von Deutsch als Minderheiten-Muttersprache, die Digitalisierung von Sprach- und ethnokulturellen Förderprogrammen sowie die Förderung von jungen Kulturschaffenden und wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich der deutschen Minderheiten.

2) Die Stärkung des Amtes der/des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten als Parlamentarische/r Staatssekretär/in das Bundesministerium des Innern und für Heimat, wie dies bis 2013 der Fall war.

3) Als einzige deutschsprachige Minderheit in einem Mitgliedsland der Europäischen Union ist die Deutsche Minderheit in Slowenien nicht in vollem Umfang rechtlich anerkannt, obwohl Slowenien die Charta für Minderheit- und Regionalsprachen des Europarates unterzeichnet und ratifiziert hat. Die künftige Bundesregierung sollte, wenn möglich in Kooperation mit der Republik Österreich, in der nächsten Legislaturperiode alle Anstrengungen unternehmen, um dieses Defizit zu beseitigen.

4) Das Fördervolumen des Programms der Stiftung Verbundenheit für deutschsprachige Gemeinschaften in Nord- und Südamerika in der nächsten Legislaturperiode so zu stärken, um insbesondere Brasilien, die USA, Kanada, Namibia und Südafrikaeinzubeziehen.

5) Die deutschsprachige Gemeinschaft in Israel („Jeckes“) mit dem erarbeiteten Förderkonzept der Stiftung Verbundenheit durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat zu unterstützen.

6) Die Schaffung der Zuständigkeit eines der bereits bestehenden Staatsminister im Auswärtigen Amt für die kulturellen Belange der deutschsprachigen Gemeinschaften weltweit.

7) Die Eintragung ins Wahlregister für im Ausland lebende deutsche Staatsangehörige vereinfachen und eine Wahlmöglichkeit in den deutschen Auslandsvertretungen zu ermöglichen. Hier sollte die Bundesrepublik Deutschland der Praxis der meisten Mitglieder der Europäischen Union folgen. In diesem Zusammenhang wird auf die Publikation „Zur Sache - Demokratische Teilhabe weltweit: Abbau von Grenzen im Wahlrecht für Auslandsdeutsche“ von Prof. Dr. Oliver Junk hingewiesen.

Eine breitere rechtliche, politische und gesellschaftliche Debatte zum Wahlrecht und zur Wahrnehmung des Wahlrechts von Auslandsdeutschen, wie in der von der Stiftung Verbundenheit veröffentlichten Publikation #ZurSache, findet bisher in Deutschland kaum statt und hat leider auch keinen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden. Notwendig ist es, die Wahrnehmung des Wahlrechts von Auslandsdeutschen zu erhöhen und somit demokratische Teilhabe zu stärken. Die jetzige Situation hat verfassungsrechtliche Relevanz. Auch werden die deutschen Staatsangehörigen im Ausland die Beschneidung ihres Wahlrechts nicht weiter hinnehmen. Die Stiftung Verbundenheit wird sich in der neuen Legislaturperiode entscheidend dafür einsetzen, dass es zu qualitativen Verbesserungen in diesem Themenbereich kommt.

Der Aktionsplan der Stiftung Verbundenheit für die neue Legislaturperiode findet sich nur teilweise im neuen Koalitionsvertrag wieder. Die Stiftung Verbundenheit vertraut aber auf mündliche und schriftliche Zusagen von Politikern von CDU, CSU und SPD zu diesem Aktionsplan.

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