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Datum
2.3.2023
Autor
Stiftung Verbundenheit

Bericht zur Online-Diskussion zum Thema „Die Deutsche Minderheit in Kirgisistan: Gegenwart und Zukunftsperspektiven“

Die Stiftung Verbundenheit und die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Minderheiten in der FUEN (AGDM) setzten am 28.02.2023 ihre in loser Folge erscheinende Reihe von Onlineveranstaltungen, die sich jeweils einer bestimmten deutschen Minderheit widmen, fort.

Thema der jüngsten Ausgabe des Formats war am vergangenen Dienstag die Deutsche Minderheit in Kirgistan. Diese ist mit lediglich 8000 Angehörigen eine der kleinsten deutschen Minderheiten Zentralasiens, die aber dennoch eine wichtige Brückenfunktion zwischen ihrem Heimatland und Deutschland erfüllt. Mit dem 1992 gegründeten „Volksrat der Deutschen Kirgistans“ (VDKR) verfügt die Deutsche Minderheit über eine zentrale nichtstaatliche Interessensvertretung und Dachorganisation, der seit Juni 2017 die Verantwortung für die Umsetzung des Förderprogramms des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) in Kirgisistan obliegt. Die konkrete Umsetzung des Projektförderung der Deutschen Minderheit liegt in den Händen der hierzu gegründeten gesellschaftlichen Stiftung „Deutscher Humanitärer Hilfsfonds“ (DHHF).

An der von Erika Erhardt (Teamleiterin und Projektkoordinatorin der Stiftung Verbundenheit) geleiteten Diskussionsrunde nahmen Aizhan Ainabekova (Programmkoordinatorin des DHHF), Valerij Dill (Leiter des BMI-Programms und Geschäftsführer des DHHF sowie Vorsitzender des VDKR), Artur Shessler (stellv. Geschäftsführer DHHF) und Evelina Lider (Jugendvertreterin des DHHF) teil. Zudem steuerten der stellvertretende Geschäftsführer der Stiftung Verbundenheit, Dr. Marco Just Quiles und der Sprecher der AGDM, Bernard Gaida, Grußworte bei.

Teilnehmer

Dr. Marco Just Quiles betonte die Notwendigkeit, in der deutschen Bevölkerung das Wissen über die deutschen Minderheiten zu verbessern; diese seien aus deutscher Sicht aufgrund der von ihnen erfüllten Brückenfunktion „ein Geschenk“ für das bilaterale Verhältnis zu ihren Heimatländern.

Ähnlich äußerte sich Bernard Gaida: Die Veranstaltungsreihe sei hilfreich dabei, das Wissen um die deutschen Minderheiten in der Mehrheitsgesellschaft, aber auch in den deutschen Minderheiten in anderen Ländern zu erweitern. In unruhigen Zeiten wie diesen sei es sogar noch wichtiger als sonst, über die Lage der Menschen in den einzelnen deutschen Minderheiten zu wissen.

Erika Erhardt bat die Diskussionsteilnehmer zunächst um eine Vorstellung der deutschen Minderheit Kirgistans und ihrer persönlichen Verbindung zu Deutschland. In diesem Zusammenhang betonte Aizhan Ainabekova, die selbst nicht der Deutschen Minderheit angehört, sich ihr aber zutiefst verbunden fühlt, die Bedeutung der deutschen Sprache, Kultur und Arbeitsweise, die für sie persönlich eine Verbindung zu Deutschland schaffe.

Valerij Dill lieferte eine historische Einordung und griff dabei die Hauptprobleme auf, unter denen die Deutsche Minderheit in Kirgistan leide: Es habe in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Massenauswanderung gegeben, die die Zahl ethnischer Deutscher von vormals 102.000 Menschen im Jahr 1989 auf aktuell etwa 8000 reduziert habe. Die Folge hiervon sei, anders als zur Sowjetzeit, als es „deutsche Dörfer und Städte“ gegeben habe, eine geographische Verstreuung der Minderheit. Dies führe wiederum zu Assimilation und Sprachverlust. Insbesondere die junge Generation sei hiervon betroffen, so Dill weiter.. Ironischerweise habe zu Sowjetzeiten ein besseres Lehrangebot im Fach Deutsch bestanden als heute. Überdies leide die deutsche Minderheit an Armut: 37% leben unter der Armutsgrenze. In diesem Zusammenhang forderte auch Ainabekova eine stärkere wirtschaftliche Unterstützung.

Sie bot überdies einen Einblick in das Förderprogramm des BMI und die Arbeit des DHHF, für den sie als Programmkoordinatorin arbeitet. Der DHHF koordiniere insgesamt 8 Begegnungsstätten und 7 Jugendclubs kirgisistanweit. Die Arbeit erfolge projektbasiert mit dem Ziel, die Traditionen und die ethnische Identität der Deutschen in Kirgisistan aufrechtzuerhalten. Hierbei seien insbesondere Jugend- und Spracharbeit Schwerpunkte. Es solle zudem ein modernes Deutschlandbild vermittelt werden. Hinzu kommt Elitenförderung zur Gewinnung von qualifiziertem Nachwuchs sowie Programme, hierunter auch soziale Hilfe, die der sogenannten „Erlebnisgeneration“ zugute kommen.

Geradezu ein Paradebeispiel für die Erfolge der Arbeit des DHHF ist seine Jugendvertreterin Evelina Lider, welche schilderte, wie sie angeregt durch diverse Jugendprojekte Deutsch lernte und begann, ihre deutsche Identität zu erforschen und dies auch an ihre Familie weiterzugeben versucht.

Es gäbe durchaus positive Beispiele, erklärte Artur Shessler, der stellvertretende Geschäftsführer des DHHF, der lange in der Jugendarbeit tätig war, doch sei die Lage immer noch schwierig. Wie vor ihm schon Valerij Dill erwähnte, stellten Arbeitsperspektiven, Auswanderung und die Vereinzelung in der geographisch verstreut lebenden Minderheit große Probleme in der Selbstorganisation der Minderheit dar. Durch das letztere Phänomen fehle auch häufig das Wissen um die Institutionen und Fördermöglichkeiten für die Deutsche Minderheit.

Bernard Gaida merkte in seinem Schlusswort an, dass er generell vieles, aber leider auch einiges traurig Stimmendes über die Lage der Deutschen in Kirgistan erfahren habe. Zentral sei für ihn einerseits, dass die Deutsche Minderheit noch immer an dem Exodus der 1990-er Jahre leide und andererseits die von Herrn Shessler angesprochene soziale Lage, insbesondere das Fehlen von Arbeitsplätzen, vorherrscht. Um Letzteres zu beheben, sei es wichtig, Kirgistan für Investoren interessanter zu machen. Umso mehr beeindrucke ihn gerade der Einsatz der jungen Diskussionsteilnehmer, der hoffnungsvoll stimme.

Dem schloss sich Dr. Marco Just Quiles an und bot den Teilnehmern die weitere Unterstützung durch die Stiftung Verbundenheit an, die sich nicht nur als reine Mittlerorganisationen begreife, sondern als eine Organisation, die gemeinsam mit Partnern wie der AGDM gerade „diese wichtigen Zukunftsfragen mit den Vertretern der deutschen Minderheiten diskutieren und diese auch in 15 oder 20 Jahren noch als starke Brückenbauer sehen“ wolle.

Text:   Florian Schmelzer

Bild:    Arvid Martens

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