Ovidiu Ganț ist Abgeordneter im Rumänischen Parlament aus den Reihen der Deutschen Minderheit. Für das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) konnte er auch bei der im Dezember 2024 stattgefundenen Wahl ein Mandat gewinnen. Über die politischen Ziele, die bilateralen Beziehungen zwischen Rumänien und Deutschland, die Förderung der deutschen Sprache, die gute Zusammenarbeit mit dem Vertreter der jüdischen Minderheit im Rumänischen Parlament und den politischen Nachwuchs sprechen wir in der neuen Ausgabe von #verbunden_mit.
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Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie sind erneut in das Rumänische Parlament als Vertreter des DFDR eingezogen. Es wurde im Vorfeld betont, dass es wichtig sei, dass für die Kandidaten des DFDR gestimmt werde, da davon abhänge, wie viel für die DMi in den Bereichen Bildung, Kulturprojekte, Soziales, Erhaltung von Kulturerbe und Buchproduktion in den kommenden Jahren möglich sein wird. Was sind die genauenpolitischen Ziele für die kommenden Jahre?
Meines Erachtens ist die parlamentarische Vertretung der nationalen Minderheiten das effizienteste Mittel, um deren Probleme zu lösen. Ein Parlamentarier hat direkten Zugang zur Exekutive und zur Verwaltung und kann die Behörden auf höchster Ebene direkt ansprechen. Das habe ich und meine Kollegen in den letzten 20 Jahren immer wieder getan und auf diese Weise zur Lösung der Anliegen beigetragen. Die Prioritäten und die Politik des DFDR werden sich auch in Zukunft nicht ändern, da sie von der deutschen Gemeinschaft positiv bewertet worden sind. Sie umfassen die Förderung der Bildung in deutscher Muttersprache, soziale und kulturelle Projekte, den Erhalt des Kulturerbes und selbstverständlich die Pflege der Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland und ihren Bundesländern auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene. In diesem Sinne ist die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium des Innern und dem Auswärtigen Amt, auch im Rahmen der Gemischten Rumänisch-Deutschen Regierungskommission, von höchster Bedeutung.
Der Abgeordnete der Deutschen Minderheit ist immer auch besonders für die Pflege der bilateralen Beziehungen zwischen Rumänien und Deutschland zuständig. Wie würden sie die derzeitigen Beziehungen zwischen Rumänien und Deutschland einschätzen und bewerten? Was funktioniert gut? Wo gibt es Verbesserungsbedarf? Welche Rolle spielt die Deutsche Minderheit zwischen beiden Ländern?
Ich glaube, die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien sind heute sehr gut. Das ist in erster Linie den beiden Regierungen und den beiden Botschaften in Bukarest und Berlin zu verdanken. Doch auch die Deutsche Minderheit hat sich seit der Wende 1989 immer wieder bemüht, die bilateralen Beziehungen zu fördern und zu vertiefen – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Dies gilt auch für mich als Abgeordneter. Seit 2004 habe ich die Staatspräsidenten und Premierminister Rumäniens zu Terminen mit Bundespräsidenten und Bundeskanzlern begleitet, habe unzählige Bundes- und Landesminister, Bundestags- und Landtagsabgeordnete in Deutschland getroffen oder im Rumänischen Parlament empfangen. Dabei habe ich immer wieder nicht allein über die Belange der Deutschen Minderheit gesprochen, sondern auch über äußerst wichtige Probleme der bilateralen Beziehungen. Dabei vertrat ich stets die Interessen meines Landes, wie zum Beispiel den EU- und den Schengen-Beitritt. Meine Positionen als Mitglied des Ausschusses für Außenpolitik seit 2008, als Beobachter und Mitglied des EU-Parlaments für kurze Zeit und als Mitglied des Präsidiums der Abgeordnetenkammer seit 2020 waren und sind sehr gute Positionen, um die deutsch-rumänischen Beziehungen zu pflegen.
Wir als Stiftung Verbundenheit haben vor gut eineinhalb Jahren mit den DFDR-Vertretern Dr. Porr und Herrn Jozsa im Bundestag Gespräche mit den Haushaltspolitikern der Bundesregierung geführt, in denen es um die finanzielle Förderung für die deutschen Schulen und den Deutschunterricht in Rumänien ging. Wie ist die aktuelle Lage? Gibt es weiteren Handlungsbedarf?
Ich bin der Stiftung Verbundenheit für die Zusammenarbeit mit dem DFDR äußerst dankbar, einschließlich für die Vermittlung der Gespräche unseres Landesvorsitzenden und Landesgeschäftsführers mit den Mitgliedern des Haushaltsausschusses. Auch ich selbst habe diese Kollegen im Bundestag gesprochen und ihnen einmal mehr die Wichtigkeit und Relevanz dieser Unterstützung für die Deutsche Minderheit in Rumänien wie auch für die deutsche Wirtschaft vor Ort nahegelegt. Erfreulicherweise haben wir fraktionsübergreifend die erhoffte politische Unterstützung erhalten, so dass es in dieser Hinsicht derzeit sehr gut läuft. Die Deutsche Botschaft in Bukarest und die Stiftung Saxonia leisten diesbezüglich eine hervorragende Arbeit, wofür ich mich herzlich bedanken möchte. Wir hoffen, dass der Bundestag uns auch in Zukunft in diesem so wichtigen Bereich Bildung in deutscher Spracheunterstützen wird.
Gemeinsam mit Silviu Vexler, dem Vertreter der jüdischen Minderheit, haben Sie im Parlament Gesetzesinitiativen auf den Weg gebracht (Gesetz zur Bekämpfung des Antisemitismus, Gesetz für die Unterstützung für Kinder ehemaliger Deportierter, Gesetz zum rumänisch-deutschen und rumänisch-israelischen Freundschaftstag, Kooperation zwischen den Minderheiten zum Thema Holocaust-Aufklärung und der Geschichte der jüdischen Gemeinschaft, Gemeinsame Initiative für die Einführung eines verpflichtenden Lehrfachs zur Holocaust-Aufklärung an Schulen). Auch innerhalb des Parlamentes stehen Sie gegen die NS-Wortwahl auf. Woher ergründet sich Ihr tiefes Engagement für das jüdische Kulturerbe und die Aussöhnung?
Die Shoah wurde von Nazi-Deutschland und Nazi-Schergen verübt, beteiligt waren Deutsche aus Deutschland aber auch Mitglieder Deutscher Minderheiten aus anderen europäischen Ländern, einschließlich aus Rumänien. In Rumänien selbst waren ebenfalls Faschisten (die Eiserne Garde) und Marschall Ion Antonescu an der Macht, antijüdische Gesetze und Maßnahmen gab es seit 1938 und die damalige politische Organisation der Deutschen Minderheit, die Deutsche Volksgruppe in Rumänien, gehörte zu den Nutznießern. Aus diesem Grund betrachte ich es als moralische Pflicht und politische Aufgabe der deutschen Minderheit in Rumänien und des DFDR, eine Hauptrolle bei der Aufarbeitung der Geschichte zu übernehmen und unser Bestes zu tun, damit diese Verbrechen nicht in Vergessenheit geraten, dass sie aufgedeckt und nicht vertuscht werden, dass die junge Generation davonerfährt und im Sinne der Bekämpfung des Antisemitismus und der Xenophobie erzogen wird.
Während meiner langen politischen Laufbahn habe ich immer sehr gute und enge Beziehungen zur jüdischen Gemeinschaft in Rumänien gehabt. Ihre beiden letzten Vorsitzenden und Abgeordneten waren und sind meine Freunde, mit denen ich gemeinsam Gesetzesinitiativen gestartet habe, die als Gesetze verabschiedet wurden und sowohl der jüdischen Gemeinschaft, der deutschen Minderheit als auch Rumänien zugutekamen.
Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund die annullierte Präsidentenwahl, bei der ein rechtsgerichteter Kandidat die meisten Stimmen erlangte? Wie schätzen Sie das gesellschaftliche Klima, besonders auch gegenüber Minderheiten ein?
Es ist besorgniserregend, wie viel Unterstützung Extremismus, Neofaschismus und Antisemitismus heute in der rumänischen Gesellschaft finden. Diese gefährlichen Tendenzen können nur durch Bildung und konsequente Strafverfolgung bekämpft werden.
Die Jugend der Deutschen Minderheit engagiert sich in den Jugendverbänden in allen Landesteilen. Wie sehen Sie innerhalb der Deutschen Minderheit in Rumänien die Chance auf den politischen Nachwuchs?
Die Jugend ist vor allem im Bereich Pflege der Traditionen und deutschen Kultur engagiert, ist in den letzten Jahren aber auch in der Kommunalpolitik verstärkt vertreten und aktiv. Gleichzeitig findet allgemein im DFDR ein Generationswechsel statt. Aus den Reihen dieser Vertreter wird der politische Nachwuchs gesichert und wird es einschließlich meinen Nachfolger geben.