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Datum
22.12.2023
Autor
Stiftung Verbundenheit

#verbunden_mit Martin Herbert Dzingel

In der neuen Ausgabe unserer Miniinterview-Reihe #verbunden_mit sprechen wir mit Martin Herbert Dzingel, dem Präsident der Landesversammlung der Deutschen Vereine in der Tschechischen Republik.

Martin, wir haben sowohl in unserer gemeinsamen Arbeit für die Deutsche Minderheit in Tschechien als auch in der allgemeinen gesellschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Tschechien gemerkt, dass das Klima zwischen beiden Ländern in den letzten Monaten besser geworden ist. Auch die Wahl des neuen Tschechischen Präsidenten ist ein Anzeichen, dass in Tschechien wieder pro-europäische Einstellungen vorherrschen. Wie siehst Du diese Entwicklung?

Allgemein gesehen sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien auf einem guten Niveau. Dies zeigt sich auch vor allem auf der diplomatischen Ebene, bei den verschiedenen Regierungssitzungen. Man muss jedoch auch sagen, dass das gesellschaftliche Klima vor allem in der Tschechischen Republik gegenüber der Bundesrepublik in letzter Zeit doch wieder ein wenig negativ beeinflusst wurde, da die Grenzkontrollen zwischen Sachsen, Bayern auf der einen und Böhmen auf der anderen Seite eingeführt wurden. Weiter wird mit ein wenig Sorge die wirtschaftliche Situation in Deutschland wahrgenommen, die im Moment stagniert. Die tschechische Wirtschaft ist sehr abhängig von der deutschen Wirtschaft. Daher schauen die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft und die Politik sehr sensitiv auf diese Anzeichen. Also insgesamt läuft der Dialog zwischen beiden Ländern meiner Meinung nach sehr gut, allerdings mit dem gerade genannten Beigeschmack der aktuellen Situation.

Der Dialog zwischen den Ländern – auf dieses Thema möchte ich nun zu sprechen kommen. Die Deutsche Minderheit ist ja nicht nur der sprichwörtliche Brückenbauer zwischen Deutschland und Tschechien, sondern auch ein Vermittler der Kultur, der Sprache und vor allem ein wichtiger Akteur, wenn es darum geht in schwierigen historischen Fragen zwischen beiden Ländern zu erörtern. Es tagte nun Anfang Dezember der Strategische Dialog zwischen der Bundesrepublik und der Tschechischen Republik. Du hast daran teilgenommen als Vertreter der Deutschen Minderheit. Was waren die besprochenen Themen?

Ja, also als Deutsche Minderheit wurden wir zum ersten Mal zum Strategischen Dialog eingeladen. Zunächst muss man sagen, dass der Strategische Dialog zwischen der Bundesrepublik und der Tschechischen Republik mehrere Arbeitsgruppen hat wie z.B. zur Energie- oder Wirtschaftspolitik, aber eben auch zu Themen wie der Kultur und der Bildung, zu der wir nun als Deutsche Minderheit eingeladen wurden, weil wir zwei bedeutende Projekte auf Regierungsebene behandeln. Einmal ist es das Thema und die Frage der deutschen Gräber in der Tschechischen Republik. Der Tschechische Staat hat sich verpflichtet, die deutschen Gräber zu pflegen und staatlich zu schützen. Daher haben wir schon seit 2016 die Arbeitsgruppe zu diesem Thema, die auf dem Fundament des Rates der nationalen Minderheiten fußt. Es ist also einmal der gesamte Komplex des Kulturerbes, in dem wir als Deutsche Minderheit Ansprechpartner sind. Ein zweiter Baustein ist der Komplex der Sprache. Wir sind dabei, die dritte Stufe der Anerkennung von Deutsch als Minderheitensprache in Tschechien zu erreichen auf Basis der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprache. Unser Antrag auf der sogenannten dritten Stufe ist ein Präsidentenvertrag, der erst hochrangig durch den Senat, das Parlament in Form von zwei Lesungen und schlussendlich vom Präsidenten unterschrieben werden muss und dann an den Europarat nach Straßburg geht.

Über was konntest Du beim Strategischen Dialog berichten? Wie steht es um die Anerkennung des von Dir erwähnten deutschen Kulturerbes in der Gesellschaft?

Ich habe ausführlich über die beiden genannten Themen berichtet, da sie nicht nur für die Deutsche Minderheit, sondern auch für die tschechische Zivilgesellschaft wichtig sind. Es wurde z.B. vor kurzem über das Thema der deutschen Gräber im tschechischen Fernsehen berichtet und es gibt Bürgerinitiativen mit jungen Tschechen, die sich für die Historie der Orte und der Regionen, in denen sie leben, interessieren. Sie und auch wir sehen das Kulturerbe als Gedenkstätte, die erhalten werden muss. Wir sind derzeit an einem Wendepunkt, der zeigt, dass sich die damals in die Gebiete Nachgezogenen, aus denen mehr als drei Millionen Menschen vertrieben worden sind, in der jungen Generation für die Geschichten der Menschen, die ihre Orte aufgebaut haben und die sich nun leider schon oft auf den örtlichen Friedhöfen wiederfinden, interessieren. Es ist für uns wie eine Revolution. Ich bedanke mich daher sehr, dass ich im Namen der Deutschen Minderheit eingeladen wurde, da wir wesentlich zum Fortschritt beider Themen beitragen.

Wir sind nun am Ende des Jahres 2023. Mit ihren Tätigkeiten hat sich die Deutsche Minderheit in Tschechien als sehr aktive Gemeinschaft gezeigt. Was sind Eure Ziele für das Jahr 2024?

Gerade die beiden genannten großen Themen werden wir im neuen Jahr weiterverfolgen – die Pflege der deutschen Sprache und das Kulturerbe. Bei beiden Themen sind wir noch nicht am Ende. Im Januar finden Gespräche statt mit den Ministerien der Finanzen, für regionale Entwicklung und für Kultur, wo wir unsere langjährigen Bemühungen, Instrumente und Ergebnisse einbringen werden. Dies zeigt, dass wir als Deutsche Minderheit auch auf Regierungsebene wahrgenommen werden.

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