Um die Hürden zur Wahlteilnahme von mehr als 3,5 Millionen im Ausland lebenden Deutsche abzusenken, haben Mehr Demokratie e.V., die Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland und der Designer Ernesto Rodriguez auf einer Online-Pressekonferenz verschiedene Ansätze vorgestellt, wie die Teilnahme an der Wahl für Auslandsdeutsche erleichtert werden kann. Bei der Bundestagswahl 2021 war die Wahlbeteiligung der im Ausland lebenden Deutschen signifikant niedrig. Nur ca. 128.000 Personen aus dieser Gruppe von Wahlberechtigten haben damals ihre Wahlunterlagen angefordert.
In den Augen des Designers Ernesto Rodriguez liegt dies vor allen Dingen an den hohen Hürden bei der Beantragung. Auf diese stieß er, weil er 2021 seinem Vater bei der Beantragung der Wahlunterlagen unterstützt hat. „Mein Vater lebte 2021 wieder in Nicaragua und hatte Schwierigkeiten, den Wahlantrag selbstständig auszufüllen. Wir mussten mehrere Begriffe recherchieren und haben lange gebraucht, den Wahlantrag auszufüllen. Ob wir alles korrekt ausgefüllt hatten, erfuhr mein Vater erst nach mehreren Wochen“, so Rodriguez. Es sei angesichts des umständlichen Beantragung und der fehlenden digitalen Bestellmöglichkeiten kein Wunder, dass die Wahlbeteiligung bei Auslandsdeutschen so niedrig sei, so der Designer. Um Abhilfe zu schaffen, habe er die Website www.auslandswahl.de aufgebaut. „Auf auslandswahl.de wird der Wahlantrag in verständliche Fragen übersetzt und Nutzende werden Schritt für Schritt durch den Prozess geleitet“, erklärt Rodriguez. Dabei sei aber Eile geboten. „Im Ausland lebende Wahlberechtigte können sich nur noch bis 2. Februar zur Wahl registrieren“, so Rodriguez.
„Durch das Engagement von Ernesto Rodriguez ist mit www.auslandswahl.de ein Angebot entstanden, das die Bundesrepublik vor der Wahl standardmäßig anbieten müsste“, sagte Alexander Trennheuser, Bundesgeschäftsführer von Mehr Demokratie e.V.. Sein Verband arbeitet als Demokratie-Fachverband für ein faires Wahlrecht. Dazu gehört auch ein möglichst niedrigschwelliger Zugang zu Wahlen. Deshalb unterstützt der Verein die Website von Rodriguez. „Was wir nach der Wahl brauchen ist ein Ministerium oder eine Stabsstelle für die Demokratie. Denn dieser Platz ist aktuell leer. Die Aufgabe dieser Stelle muss sein, Menschen nicht nur zu den Wahlen, sondern auch dazwischen zur Beteiligung zu ermutigen. Wichtig sind dabei vor allem die Gruppen, die sich statistisch gesehen selten beteiligen: Erstwählerinnen und Erstwähler, Menschen im Ausland, Menschen mit Migrationsgeschichte, obdachlose Menschen. Wenn diese Stimmen nicht im Parlament vertreten sind, wird es schräg“, so Trennheuser weiter.
„Die Auslandsdeutschen stellen einen nicht unwesentlichen Teil der Wahlberechtigten dar. Und obwohl ihre Zahl steigt, nimmt nur ein Bruchteil von ihnen an Bundestagswahlen teil. Das muss sich ändern! Ziel muss es sein, möglichst viele Auslandsdeutsche in die deutsche Politik und den gesellschaftlichen Diskurs einzubeziehen“, so Oliver Junk, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland. Die Stiftung setze sich dafür ein, die Hürden für die demokratische Teilhabe von Deutschen im Ausland zu verringern. „Dafür braucht es endlich eine breite rechtliche, politische und gesellschaftliche Debatte zum Wahlrecht für Deutsche im Ausland!“, so Junk und weiter: „Deutsche im Ausland sind keine Deutschen zweiter Klasse. Ein nur theoretisches Recht zu hinterlegen stellt einen Verstoß gegen das Grundgesetz, dem Wahlgrundsatz der Allgemeinheit der Wahl, dar.“
Die Stiftung fordert unter anderem den Abbau von bürokratischen Hürden und eine Reform des Wahlrechts, ein digitales Antragsverfahren, die Direktwahl in Auslandsvertretungen sowie die Einführung von Wahlkreisen im Ausland. Auch Mehr Demokratie e.V. hat sich den Forderungen der Initiative angeschlossen.
Hintergrund: Mehr Demokratie e.V. unterstützt zur Bundestagswahl verschiedene Initiativen, die sich für eine Stärkung der Wahlbeteiligung einsetzen. Dazu gehört neben der Wahlerleichterung der Auslandswahl auch ein Videoclip, der zur Teilnahme an der Wahl aufruft und Anfang Februar erscheinen wird, der vereinfachte Zugang zur Briefwahl über die Seite www.wahlbrief.de sowie eine Initiative einer Designerin, Wahlunterlagen ansprechender zu gestalten.
Weiterführende Informationen:
1. Wahlantragshilfe für Deutsche im Ausland: www.auslandswahl.de
2. Das Thesenpapier der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland:
3. Übersicht über die Aktivitäten von Mehr Demokratie e.V. zur Bundestagswahl:
https://www.mehr-demokratie.de/mehr-bewegen/kampagnen/ohne-sie-wirds-schraeg